Screening: Gneisenau64




Ein Videoprojekt von Dídio Pestana, Mario Gomes und Jan Peuckert

Präsentiert von Federica di Venuta

Screening 11. Juli 2009, 20 Uhr

Am Samstag, den 11 Juli 2009, präsentiert Federica Di Venuta (freie Kuratorin und Kulturproduzentin, Italien, lebt in Berlin) mit Gneisenau64, eine Sammlung von Kurzfilmen, die insgesamt 4096 Sekunden dauert und von Dídio Pestana, Mario Gomes (Portugal, leben in Berlin) und Jan Peuckert (Deutschland, lebt in Berlin) in Berlin gedreht wurde.

Dídio, Mario und Jan leben in der Gneisenaustraße 64. Im September 2007 führte dort die Strecke des Berliner Marathons vorbei, die den Ausgangspunkt für die Serie der 64 64-sekündigen Videos bildet.
Der Marathonlauf beruht auf Beständigkeit und Ausdauer, Disziplin, Übung und Leidenschaft für das Laufen, aber auch auf dem, was die Läufer umgibt. Es gibt einen Start und ein Ziel, unzählige Sportler nehmen teil, die zum Teil keine professionellen Leichtathleten sind. Diese Überlegungen bilden die Grundlage für den kreativen Film-Marathon, der sich an einem einfachen Prinzip orientiert: 64 Videos à 64 Sekunden, ein Video pro Woche, 64 Wochen lang. Die Videos dürfen ausschließlich in der Gneisenaustraße entstehen, als wäre die Straße ein Spielfeld mit Außenlinien, jenseits derer nicht gespielt werden darf. Die Protagonisten der Videos sind fast immer Freunde und Bekannte, darunter viele junge portugiesische oder spanische Künstler. Oft geraten aber auch Passanten ins Bild, während sie den Einkauf erledigen, über die Straße radeln oder einfach vor sich hin gehen. Der Zufall macht sie zu Schauspielern einer Videoserie, in die sich das Alltagsleben einschreibt.
Binnen 64 Stunden entsteht jede Woche ein neues Video, nicht selten unter Zeitdruck. Die Ergebnisse sind daher nicht immer ausgefeilt, hin und wieder minimalistisch, manchmal sogar verfehlte Experimente. Im Laufe der Zeit verfestigen sich bestimmte Arbeits- und Herangehensweisen, nach und nach entstehen interessantere und komplexere, bis ins kleinste Detail durchgeplante Filme. Dann und wann gibt es wieder 64 Sekunden, die ein wenig langsamer vergehen, traurige Momente oder schlichtweg unauffällige Alltäglichkeiten: Ein Abendessen, eine Wanduhr, die Straße, die Zeit, die vergeht… In der Gneisenaustraße gibt es von allem ein wenig.
Die Videoserie von Dídio, Mario und Jan vereint eine ganze Welt in einer einzigen Straße, so als könnte man die Realität in ihrer Vielfältigkeit in einem Kasten – oder eben in einer Videokamera – einfangen. Sie erweckt damit den Eindruck, dass man die ganze Realität in nur wenigen Sekunden erfassen kann. Einen roten Faden gibt es dabei nicht, sondern lediglich ein Regelwerk, das auf der Zahl 64 basiert. Ansonsten bleibt genug Freiraum, um von der Realität in einen traumartigen Zustanden hinüberzugleiten: von der Animation ins Pixelbild, von Farbe in Schwarzweiß, vom Licht in die Dunkelheit, von Eleganz in Trash. Denn es kann alles mögliche passieren, in einer Wohnung in einem vierten Stock, in einer Straße, in einer Stadt.

Text: Federica Di Venuta